NEUN NÄCHTE OHNE SCHLAF: QUER MIT DEM RAD DURCH DIE USA
Die Nacht hat sich über die Weiten von Kansas gelegt. Ein schmaler Lichtkegel durchschneidet die Dunkelheit. Ein Mann auf einem Rennrad, sein Gesicht gezeichnet von Erschöpfung, seine Beine rotieren wie ein Uhrwerk. Lukas Kaufmann ist seit fast einer Woche unterwegs, kaum Schlaf, kaum Pausen. Seine Welt schrumpft auf das Stück Asphalt vor ihm. Jede Pedalumdrehung ein Schritt weiter in Richtung Ziel – und gleichzeitig ein Kampf gegen die eigenen Grenzen.
„5.000 Kilometer. 50.000 Höhenmeter. Einmal quer durch Amerika, von der Westküste bis zur Ostküste. Das Race Across America (RAAM) gilt als eines der härtesten Langstreckenrennen der Welt. Nicht nur, weil die Strecke fast doppelt so lang ist wie die der berühmten Tour de France, sondern weil es keine Etappen gibt. Wer hier gewinnt, schläft kaum. Wer ankommt, hat einen Marathon der Willenskraft hinter sich.
Lukas Kaufmann, 31 Jahre alt, Extremsportler aus Oberösterreich, ist einer dieser wenigen, die sich dieser Herausforderung stellen. Doch für ihn ist das RAAM mehr als nur ein Rennen – es ist die Erfüllung eines Traums, den er als Jugendlicher fasste, als er in einer Arztpraxis ein Foto sah: ein Radfahrer in der Dunkelheit. „Dieses Bild hat sich in mein Gedächtnis gebrannt“, sagt Lukas. „Ich wusste damals nicht, was das für ein Rennen ist, aber ich wusste, dass ich das irgendwann machen will.“
Jahre später sitzt er auf dem Rad, die Dunkelheit vor sich, Licht auf seiner Stirn. Er fährt gegen die Uhr – aber vor allem gegen sich selbst.